Am 10.09.2019 fand im Fanprojekt Berlin das Zeitzeugengespräch mit Walter Frankenstein statt. Unter dem Motto “Hertha und der Nationalsozialismus” gab es zunächst ein moderiertes Gespräch. Im Anschluss hatte das Publikum noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Im Publikum befanden sich neben vielen Herthanern auch Anhänger oder Vertreter anderer Vereine, u.a. von Tennis Borussia, Makkabi Deutschland oder dem VfB Lübeck.
Das Gespräch drehte sich anfänglich viel um den Fußball. So begann Walter Frankenstein zu erzählen, wie er 1936 einen Platz im Auerbach'schen Waisenhaus in Berlin bekam, nachdem er als Kind von Eltern jüdischen Glaubens nicht mehr die öffentliche Schule besuchen durfte. Er fand seinen Platz in der Gruppe, da er wie viele der anderen Kinder ein großes Fußballinteresse hegte. Er spielte gerne selber und besuchte auch gerne die Spiele von Hertha BSC.
Später erzählte er von seinem weiteren Leben in der Zeit des Nationalsozialismus. Walter Frankenstein absolvierte zunächst eine Lehre und lernte seine spätere Frau Leonie kennen. Als die Deportationen begannen, musste die junge Familie (mittlerweile war ihr erster Sohn geboren) in die Illegalität untertauchen. Sie kamen bei diversen hilfsbereiten Menschen unter und hatten das Glück, nie verraten worden zu sein. Walter Frankenstein berief sich auf seine "vier Säulen", durch welche sie die Zeit überstehen konnten: Frechheit, keine Angst zu haben, gute Freunde und viel Glück.
Im Laufe des Gesprächs kam er auch immer wieder auf Hans Rosenthal zu sprechen, den er im Auerbach'schen Waisenhaus kennenlernte und der später Präsident von Tennis Borussia werden sollte. So erzählte er, dass die beiden gute Freunde wurden und sich beim Thema Fußball dann auch gerne in ihrer Rivalität stritten.

Ein wichtiges Anliegen Frankensteins war es, den Zuschauern im Raum auch genau dies zu vermitteln: “Trotz aller Rivalität muss man seine Gegner respektieren”. Am besten solle man seinen Gegner erstmal zu einem Glas Bier einladen, um dann über das anstehende oder beendete Spiel zu fachsimpeln.
Am Ende des Gesprächs ging er noch auf seine Zeit nach dem Krieg ein. So kämpfte er Ende der 40er-Jahre im Israelischen Unabhängigkeitskrieg, bevor er Mitte der 50er-Jahre nach Schweden emigrierte, wo er heute noch lebt. Er betonte jedoch, dass er sowohl Stockholm, die Stadt in der er lebt, als auch Berlin, gleichermaßen liebt. Seit einiger Zeit besitzt er auch wieder die deutsche Staatsbürgerschaft. Dies vor allem aus dem Grund, um hier wählen zu können, weil, wie er sagt, jede Stimme einen Unterschied macht. Aus dem gleichen Grund heraus gibt er auch die Zeitzeugengespräche: Um junge Leute aufzuklären, und ihnen zu vermitteln, welche Gefahr von Faschisten ausgeht. Die Aufgabe dieser jungen Leute sei es, die Demokratie (mit all ihren Fehlern), die wir heute haben, mit allen Mitteln zu verteidigen.
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